Gelebte Nachhaltigkeit

An einem Montagnachmittag im März. Um 15:30 Uhr betreten wir das Schulgebäude, das mittlerweile ruhig und leer, nur von wenigen Reinigungskräften bevölkert, vor uns liegt. Doch sobald man im Gebäude ist, wird es laut. Obwohl bereits alle anderen Schüler nach Hause gegangen sind, wartet eine Gruppe von Jugendlichen im dunklen Eingangsbereich. Sie warten auf ihre Lehrerin. Wir nutzen diese Chance, um uns vorzustellen, ihnen zu sagen, dass wir sie interviewen wollen. Als, einen Wagen voller benötigter Materialien vor sich herschiebend, Frau Langkau um die Ecke kommt, springt die Gruppe auf und drängt in den Klassenraum. Die Lehrerin weiß bereits von unserem Interview, wir gehen also einfach rein und schauen den Schülerinnen und Schülern bei der Arbeit zu.

 

Es herrscht eine sehr lockere Atmosphäre. Sehr schnell bilden sich zwei Gruppen, die beide an einer Frage arbeiten: Wie bleibt das Fridericianum Schwerin eine „FairTrade-Schule?“
Das Fridericianum Schwerin ist die erste „FairTrade-Schule“ Mecklenburg-Vorpommerns. Einige Jahre nach der Gründung des Schulweltladens am 16.07.2009 erhielt unsere Schule diesen Titel am 26.09.2014. Die Gruppe Jugendlicher sorgt dafür, dass das auch so bleibt.

FairTrade bezeichnet den Handel mit Produkten aus der Dritten Welt, die auch aus der Sicht der Produzenten als fair und angemessen anzusehen sind. Das Fridericianum arbeitet für dieses Projekt mit dem „Weltladen Schwerin“ zusammen. Produkte des Weltladens werden, dank des Engagements von Frau Langkaus Truppe, direkt an unserer Schule verkauft.

Während wir den Schülerinnen und Schülern bei der Arbeit zusehen, beantwortet uns Frau Langkau unsere wichtigste Frage: Wie wird man und was bedeutet es, eine „FairTrade-Schule“ zu sein. Mittlerweile hält unsere Schule diesen Titel seit über 10 Jahren, und das Projekt lief auch über die Corona-Pandemie weiter.

Jede Schule muss 5 Kriterien erfüllen:

  • Gründerversammlung mit Lehrern, Eltern und Schulleitung
  • regelmäßiger Verkauf von FairTrade Produkten in der Schule
  • Erstellung eines „FairTrade-Kompasses“, der Perspektiven des Projekts verdeutlicht sowie das Nachweisen der Aktivitäten im „FairTradeSchoolblog“
  • Organisieren von schulischen Veranstaltungen, z.B. Glücksrad oder das Verstecken von Ostereiern mit Weltladen-Preisen
  • Behandlung von FairTrade in 2 Klassenstufen im Unterricht

All diese Kriterien müssen durchgehend erfüllt werden, um den Titel als FairTrade-Schule zu behalten.

Die erste Gruppe der Jugendlichen zählt und sortiert die vom Weltladen erhaltenen Produkte und vergleicht sie mit der Bestellliste. Die zweite Gruppe zählt das Geld im Lehrerkörbchen und analysiert den Verkauf der Waren dort. Während der Corona-Pandemie spielte das Lehrerkörbchen eine entscheidende Rolle. Normalerweise besteht ein zentrales Element des Projektes darin, mehrmals pro Woche in den Pausen auf dem Schulhof Produkte aus dem Weltladen zu verkaufen. Das war selbstverständlich in den letzten Jahren nicht mehr möglich. Jedoch konnte weiterhin ein Korb mit Produkten und einer Kasse im Lehrerzimmer stationiert werden, um so fair gehandelte Lebensmittel zu verkaufen. Auch nutzt das Sekretariat durch den Einsatz der Gruppe nur noch FairTrade-Kaffee aus dem Weltladen.
Wir haben auch mit den teilnehmenden Schülern und Schülerinnen ein Interview durchgeführt. Alle interviewten Schüler, mit Ausnahme Anton Kofahl, sind seit der 7. Klasse bei diesem Projekt dabei, Anton erst seit der 9. Klasse.


Warum macht ihr bei diesem Projekt mit?

Moritz Danielsen: Mein Bruder hat schon beim Weltladen mitgemacht. Ich kannte das also schon und bin auch an FairTrade interessiert.

Anton Kofahl: Ich setzte mich gerne für FairTrade ein, außerdem ist Moritz ein Kumpel von mir, mit dem ich jetzt auch noch mehr machen kann.

Julian Schwesig: Ich finde es toll, dass man etwas Gutes macht, jedoch ist auch ein Faktor, dass Frau Langkau unsere Klassenlehrerin ist. Zusätzlich macht es auch viel Spaß, weil viele Freunde aus der Klasse dabei sind.

Erik: Zum einen finde ich ebenfalls gut, dass wir hier alle Freunde sind, aber auch unsere Klassenlehrerin das Projekt leitet. Wir haben hier auch die Möglichkeit, die Produkte vom Weltladen selbst zu kaufen, das finde ich super.


Was genau macht ihr hier so?

Moritz Danielsen: Hauptsächlich arbeite ich am Lehrerkörbchen, zähle also dort Produkte und Geld, manchmal gebe ich aber auch neue Bestellungen auf.

Erik: Ich mache hier alles Mögliche, also so ein bisschen das Mädchen für alles. Jedoch sind wir alle sehr flexibel.

Julian Schwesig: Zum einen kümmere ich mich ums Einkaufen von Produkten. Jedoch schreibe ich auch den Artikel auf dem „FairTradeSchoolblog“.


Kannst du das nochmal genau erklären?

Julian Schwesig: Ich schreibe einmal im Jahr einen Artikel auf dieser Webseite über unseren Fortschritt. Also über unser Lehrerkörbchen, den Tag der offenen Tür oder andere Projekte. Dadurch behalten wir den Titel „FairTrade-Schule“. Dafür spreche ich mich meistens mit den anderen ab und versuche dann, den Artikel auch gut strukturiert hochzuladen. Auch kann man durch diese Artikel von anderen Schulen Inspirationen sammeln.


Was gefällt dir hier besonders gut?

Moritz Danielsen: Mir gefällt die gute Zusammenarbeit untereinander, das Verkaufen macht Spaß, genauso wie der Umgang mit FairTrade Produkten.

Anton Kofahl: Besonders die Teamgemeinschaft und der Einsatz für FairTrade sind entscheidend.

Julian Schwesig: Man macht etwas Gutes, schließlich werden jetzt die Bauern fair bezahlt. Auch lernen wir viel über den Umgang mit Geld. 

Erik: Hier herrscht eine gute Atmosphäre und der ganze „Unterricht“ ist sehr flexibel. Außerdem kann man mit Freunden Zeit verbringen.


Vor der Corona Pandemie habt ihr jeden Dienstag und Donnerstag am Schülerstand Produkte verkauft, freut ihr euch darauf, wenn das wieder losgeht?

Anton Kohfahl: Ja, ich freue mich schon wieder darauf, mich mit dem Wagen irgendwo hinzustellen und finde es schade, dass es gerade nicht geht.

Julian Schwesig: Ja, besonders die Freunde, zu motivieren, auch etwas zu kaufen hat immer Spaß gemacht.

Erik: Ich finde unsere anderen Tätigkeiten deutlich spaßiger als das Verkaufen in der Hofpause.


Während wir das Interview führen, sitzen die meisten Schüler über Rechnungen und Listen und vergleichen diese miteinander. Das Bestellen und Abholen der Ware vom Weltladen sowie die Kontrolle der Produkte und des Verkaufs sind ihre Hauptaufgaben. Dadurch lernen die Jugendlichen schon früh, mit Rechnungen und Geld umzugehen und strukturiert und ordentlich Listen und Übersichten zu führen. Außerdem ist das Projekt Teil des Ganztagsangebots der Schule für Klasse 7 bis 10.

Als wir kurz vor 17:00 Uhr das Schulgebäude wieder verlassen, haben auch wir einen FairTrade-Schokoriegel in der Hand, die Versuchung war einfach zu groß.

 

Schulreporter Arthur und Florian